28.08.2014:
Die bleiche Schöne
Sie fiel überhaupt nicht auf. Sie sass ruhig da, den Schnabel im Gefieder geborgen. Das Auge fast geschlossen. Eins mit dem Untergrund, auf den die Sonne Schatten spielte. Ich stand am Geländer des Bootsstegs, als ich zufällig auf den Teerstreifen schaute. Das Auge der Ente öffnete sich. Mit letzter Kraft schickte sie einen Blick, der sagte: "Geh, stör mich nicht in meinen letzten Minuten." Ich erschrak. War dem Tier noch zu helfen? Die Ente stand auf matten Füssen. Zusehends wurden die Farben der Schwimmhäute grauer, das Gefieder verlor immer mehr an Glanz, der Blick verschleiert von Lidern, die sich immer weniger hoben.
Was ist aus ihr geworden? Ich weiß es nicht, ich habe ihr Ende nicht abgewartet. Eines ist sicher. Wenn sie gestorben ist während der Ebbe, hat die nächste Flut sie hinausgeschwemmt. Oder die gierigen Möwen mit ihren riesigen spitzigen Schnäbeln haben sie erwischt, oder der Fuchs oder oder oder ... Als ich nach Tagen wiederkam, war keine Spur zu finden.