05.04.2020:
Astrologie oder ...
Als ich ihn zum ersten Mal sah, war ich nicht begeistert. Er ist grau gesprenkelt und hat außer dem gemeinsamen Namen nichts, was ihn mit dem Granit meiner heiß geliebten Bretagne-Felsen, durchsetzt von glitzerndem Gneis, verbindet. Er ist schlicht und ergreifend grau gesprenkelt und lässt nicht erkennen, wo etwas liegt, wenn es herunter fällt. Alles, was kleiner ist, verschwindet in den Mustern meines Badbodens. Nicht, weil meine Augen es nicht sehen, sondern das Gesprengsel alles verschluckt. Oder die Augen aufgeben, wenn nach einer Weile mit angestrengtem Suchblick alles vor den Augen flimmert.
Die Tage des Unwillens endeten in dem Moment, wo ich, auf dem Toilettensitz, meine Augen über das Gesprengsel wandern ließ. Es war morgens, es war draußen grau und ungemütlich, es war warm im Bad. Meine Augen wanderten über den Granit, den uninteressanten, und entdeckten plötzlich Gesichter. Vielfältige Gesichter - die, wie ich inzwischen gelernt habe, Spiegel meines inneren Zustandes sind. Bin ich noch nicht sortiert, schauen mich sehr unterschiedliche Stimmungen an. Bin ich aufgeräumt und frohgemut, sind es freundliche, lächelnde und optimistische Gesichter. Bin ich knurrig, sind es die Abbilder auch. Fantastisch, so von außen das Innen gespiegelt zu bekommen.