27.11.2020:
Vivat Orient-Okzident
Die C-Zeit ist in voller Blüte. Damit meine ich nicht die Anzahl der C-Infizierten, sondern das Festival der Kreativität voll globaler Inspirationen. Die schweizer Schriftstellerin Milena Moser, verheiratet mit dem mexikanischen Künstler Victor-Mario Zaballa, strickt einen Norwegerpulli: "Ich will keine Schneeflocken, ich will Totenköpfe!" Inspiriert vom Dia de los Muertos.
Ein Glanzmagazin mit den aktuellsten Einrichtungsideen weckt Erinnerungen an meine Jugend-Protest-Geldmangel-Zeit: Ausrangierte Kapokmatratzen als Sofas, bezogen mit Großmutters Damast-Aussteuer, pink, violett und fabelhaft grün eingefärbt dank Simplicol. Aktuell große Mode. Tja, der Orient hält im Wohnzimmer Einzug.
Ich beobachte diese Schritt-für-Schritt-Integration schon länger. Das knielange Kleid über den Röhrenjeans, die ideal gezupften Augenbrauen der Südländer im Alltagsmann-Gesicht, die explizit breit ausgeformten Augenbrauen über Kajal-Lidern ... und jetzt farbenfrohe Diwane wie im Orient statt langweiliger Sitzgruppen.
Apropos MNS:
Oliver schickte mir das Bild einer Dame, die ihre Schon-Häkel-Deckchen als MNS trägt. Erinnert an den Besuch im Basar.
Doris berichtet begeistert vom Kauf der neuen Nähmaschine, auf der sie Masken näht. Doris, mit der ich gemeinsam in einem Büro saß, die ich bewunderte für ihre nie nachlassende korrekte Abwicklung der Aufgaben, die man ihr auftrug. Aber was sind Papier, mehrfarbige Kulis, IBM Kugelköpfe gegenüber diesem alltagspraktischen Kreativausbruch? Vivat Orient-Okzident - C kann uns mal, wir schaffen die Distanz voll Fantasie.