08.08.2021:
Stummfilm und Orgel
Ein ganz besonderes Ereignis im Festival Europäische Kirchenmusik Schwäbisch Gmünd. Ein Stummfilm, der im Jahr 1929 von Robert Siodmak, Fred Zimmermann, Billy Wilder und Kameramann Eugen Schüfftan gedreht wurde. Begleitet von Münsterorganist Stephan Beck mit genialen Variationen auf der Orgel.
Das Thema von "Menschen am Sonntag" laut Programmheft: Ein Film über das unbeschwerte und einfache Leben. Menschen, bei ihren Freizeitvergnügen, beim Baden, Faulenzen, Flirten und Streiten, durchsetzt mit dokumentarischen Bildern Berlins. Herausgekommen ist eine wunderbare Sommergeschichte über das Lebensgefühl der Berliner Ende der Zwanziger Jahre. Mit Laiendarstellern, die teilweise auf der Straße angesprochen wurden. "Menschen am Sonntag" gehört zu den cineastischen Höhepunkten der Weimarer Republik.
Es hat sich nichts geändert - will es scheinen. Die einfachen Vergnügungen wie sich an einem heißen Tag in die Fluten eines Sees zu stürzen, mit Mädchen und Männern zu flirten und anzubandeln, den Arbeitsalltag für einige Stunden zu vergessen, sind auch heute noch die erholsamen Momente in der Freizeit.
Anders als heute in Filmen üblich, nahm die musikalische Begleitung nicht die Position der Vorbereitung auf das, was als nächstes passieren wird. Die Orgelvariationen begleiteten das Geschehen. Den tropfenden Wasserhahn markieren einzelne helle Töne im Klangstrom der Orgel, beim Fotografen wird der Moment des Drucks auf den Auslöser mit einem "Orgelklick" gekennzeichnet.
Eine geniale Begleitung der stummen Bilder mit Klängen, so kunstvoll wie der "einfache" Film, der packend die Geschichte von Arbeit, Freizeit, Liebe und Eifersucht, von Egoismus und Kameradschaft erzählt. Vorgestellt in der St. Franziskuskirche, einer ehemaligen Klosterkirche, barock ausgestaltet. Vor dem Altarraum die Leinwand, die Kirchenbänke in Dunkel gehüllt, die Orgel in römisch-katholisch violett oder Heutsprach: pink.