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27.08.2021:
Inselimpressionen

Morgens auf der Frühstücksterrasse vor unserem Feriendomizil Gartenhäuschen grünt und blüht es vielfältig. Der Eibisch wetteifert mit der Gloria Dei um die Ecke vorm Badfenster, die Malve im gleichen Beet hat schirmgroße Blätter, die den Grillaufbau verdecken. Mitten auf dem Samtrasen der Strandkorb, so ausgerichtet, dass er den ersten Morgen-Sonnenstrahl erwischt. Dahinter, hauswandhoch und buschig, blau-violett-blühender Eibisch und grüne Blätter überall. Die Amsel und ihre Familie sind handzahm, der junge Hund respektiert die schwarz-braun-fedrigen Besucher - nur die Katze fehlt. Ach ja, der alte Hund auch. Beide sind in hohem Alter verschieden. Eine neue Katze ist noch nicht da.
Die Zeit nimmt sich Zeit. Hier erlebe ich immer wieder, wie lang eine halbe Stunde ist. Morgens um sechs beginnt die Taktung. Vom Glockenturm gleich nebenan zählen sich sechs Schläge in meine Fingerspitzen. Dann eine lange Pause. Nur ein Glockenschlag für halb. Es ist ein Ritual, mit dem ich begann, als die Batterie meiner Uhr schlapp machte, ich aber einen festen Termin hatte. Also begann ich schon im Bett die langsam aufeinander folgenden Schläge der Kirchturmuhr mit den Fingern mitzuzählen. Der Glockenschlag fährt noch nach vielen Jahren automatisch in die Fingerspitzen.
Auf dem Weg zum Segelhafen hängt dieses Versicherungsschild an der Hausmauer. Der Ankündigungstext korrekt mit einem Punkt beendet. Die Fehringer, wie die Insulaner auf Friesisch heißen, sind stolz darauf, dass sie ihre Sirenen pflegen und nicht abgebaut haben wie die Festländer. Pünktlich am Samstagmittag um 12 heulen sie in der Inselhauptstadt Wyk und allen Dörfern.
Das ist wichtig, denn viele Häuser haben Reetdächer in den Dörfern und am Wyker Außenrand. Stimmt nicht ganz. Im neuen Wellnessresort am Südstrand hat das Privathaus des Besitzers ein riesiges Reetdach. Auf den Dörfern wachsen viele neue Häuser im "alten Stil" auf grünen Wiesen. Ebenfalls mit Reet gedeckt. Nur an der fehlenden Patina sind sie zu erkennen. Hier hat ein Architekt einmal einen Plan entwickelt, der jetzt zum Selbstläufer geworden ist.

Mir gefällts, weil sich die Häuser unauffällig in die vorhandenen Häuserzeilen einfügen. Stimmt nicht ganz, sie sind viel größer und auch ein wenig pompös. Mich stört es nicht, aber Inselfreundin Brigitta findet sie scheußlich. Etwas, das sie mit vielen Insulanern teilt.
Am Segelhafen teile ich die Bank mit einer Strandkrabbe. Die wird an der Mittelbrücke von den Kindern rausgefischt, meistens wieder reingeschmissen. Aber das Rauskäschern macht so viel Spaß und beschäftigt die Kinder stundenlang. Währenddessen lassen es sich die Eltern auf der Bank überm Meer gut gehen. Vielleicht ist die Krabbe einem Kind aus der Hosentasche gerutscht. Oder ein feinsinniger Mensch hat die Schale auf der Bank dekoriert. Voll Sinn für Raumverteilung in der Platzierung. Raue Schale auf wettergerautem Holz. Mit Seepocken. Was mich zu der Frage bringt, die auf den Absperrpollern am Marktplatz zu lesen ist: "Sind Seepocken ansteckend?" Auf anderenen Pollern sind weitere Fragen zu lesen: "Warum ist eine Krabbe keine Krabbe?" "Welche Ente knackt ihr Fressen mit dem Magen?" Das dauert bis man den Marktplatz verlässt!